Diesmal drehte sich beim Philosophicum, das von der Katholischen Hochschulgemeinde Graz und dem Institut für Philosophie an der Katholisch-Theologischen Fakultät gemeinsam veranstaltet wurde, alles um die Liebe. Unter dem Titel „Lieben und lieben lassen“ warf die deutsche Denkerin und Schriftstellerin Ariadne von Schirach gemeinsam mit den Studierenden Valentin Fraß und Maria Pasaricek im prall gefüllten Vortragssaal des Quartier Leech grundlegende Fragen zu unserem heutigen Liebes- und Beziehungsverständnis auf. Die umsichtige Moderation Hans-Walter Ruckenbauers ermöglichte es, einen breiten, tiefgehenden und dennoch humorvollen Raum des gemeinsamen Nachdenkens über eine zutiefst menschliche Sache zu öffnen.
Dabei stand alles unter dem Vorzeichen der Transformationen in der späten Moderne, die zutiefst von Selbstoptimierung geprägt sind: Dating-Apps, zu denen die Selbstvermarktung selbstverständlich dazugehört, wurden von Ariadne von Schirach ebenso kritisch gesehen wie die Pornographisierung, die sie in ihrem Buch Tanz um die Lust analysiert hat. Zur Liebe gehöre es gerade, dass sie keine Selbstoptimierung brauche, durch die man Liebe erst verdiene. Das Bemühen, das Liebe und Beziehung aber brauchen, sei das gemeinsame Hinarbeiten und Hinzielen auf ein Drittes, das aus zwei Personen erst ein „Wir“ macht. Nicht nur in der Vergangenheit, sondern auch heute verkenne man dieses Andere der Liebe, das sich gerade nicht verobjektivieren lässt. Die deutsche Denkerin trat nicht nur für mehr Zärtlichkeit und zugleich den Mut zu lieben ein – wer „Existenzangst hat, kann nur schwer lieben“ –, sondern auch für die christliche Caritas. Wenn sie die Ehe auch kritisch sah, so betonte Ariadne von Schirach dennoch, dass das Arbeiten an einer gemeinsamen Zukunft für die Liebe wesentlich sei. Dem Zwang zur Selbstoptimierung stellte sie entgegen, dass man darauf vertrauen dürfe, dass die Liebe sich immer neu durchsetze.
Text: Daniel Pachner