Am 9. Februar 2021 wäre Philipp Harnoncourt 90 Jahre alt geworden. Johannes Rauchenberger, mit dem er zu diesem Anlass gemeinsam ein Projekt realisieren wollte, hat dem letzten Mai Verstorbenen einen berührenden Beitrag gewidmet:
Philipp Harnoncourt, 9.2.1931-25.5.2020 |
Heute, am 9.2.2021, wäre der Theologe, Ökumeniker und Liturgiewissenschaftler Philipp Harnoncourt 90 Jahre alt geworden. Ich möchte an ihn erinnern: Vor etwa drei Jahren ist er mit einer Idee an mich, als sein im letzten Jahrzehnt regelmäßig solidarischer Projektunterstützer, herangetreten. Er wolle zu eben diesem 90. Geburtstag seinen zahlreichen LebensbegleiterInnen und FreundInnen eine Frage stellen, die so lautete: "Habt Ihr verstanden, was ich Euch mitteilen wollte?" Ich verknüpfe seine Frage dabei mit einem Bauwerk, das Philipp Harnoncourt - gemeinsam mit seinen Geschwistern Nikolaus, Alice, Lilly, Karl und Franz - gerettet hat: Die "Heiligen Geist Kapelle" in Bruck/Mur. Dieses Bauwerk hatte eine erstaunliche Geschichte bis zur vollkommenen Verwahrlosung. Am Ende des 15. Jahrhunderts ließen wohlhabende Brucker Bürger dieses damals völlig ungewöhnliche Bauwerk mit dreiseitigem Grundriss vor den Toren der Stadt Bruck erbauen - als Dank an die überstandene Pest und die Osmaneneinfälle. Philipp Harnoncourts schlüssige Interpretation, in unzähligen Vorträgen vermittelt, war die: "Der Trinität des Todes jener Jahre (Pest, Hungersnot und Krieg) setzten diese wohlhabenden Brucker Bürger die Trinität des Lebens entgegen, als Dank- und Denkmal."
Man fragte natürlich hinter vorgehaltener Hand, warum Harnoncourt in den letzten Jahren fast nur dieses Projekt verfolgte - schließlich befindet es sich mitten im Brucker Brückenknoten, zu laut, um an eine faktische Nutzung auch nur zudenken. "Diese Kapelle hat keinen Nutzen, aber sie stiftet Sinn", sagte er dazu immer wieder provokant. Ein Denkmal zur Bewahrung der Schöpfung etwa dachte er an. Nicht einmal im Ansatz wäre es in all diesen zehn Jahren des unglaublich zu nennenden Engagements Philipp Harnoncourts zur Rettung dieses außergewöhnlichen Bauwerks denkbar gewesen, dass sich die Welt im Jahr seines Todes derart verändern würde, dass wir jemals wieder mit einer derartigen Bedrohung wie zur Erbauungszeit dieser Kapelle konfrontiert werden würden. "Habt Ihr verstanden, was ich Euch mitteilen wollte?" Vielleicht ist es jetzt dies: dass dieser Bau eine Erinnerung an eine Zeit im öffentlichen Raum mitten im Beschleunigungswahn von Autobrücken ins Heute stellt, in der man die Überwindung einer Seuche auch im Transzendenten verankert hat. Viel ist derzeit vom Schweigen der Religion die Rede. Merkwürdig, bereits im Vorjahr wurde ein Wettbewerb zu einem "Corona-Denkmal" ausgelobt. Drei der besten sollen realisiert werden. Auch am kommenden Aschermittwoch in St. Andrä spielt ein solches eine Rolle. Ihr Johannes Rauchenberger |