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Montag, 25.11.2019

Stimme für Stille

Martina Schmidhuber forscht an der Schnittstelle zwischen Philosophie und Medizin. Foto: Mittermüller

Martina Schmidhuber forscht an der Schnittstelle zwischen Philosophie und Medizin. Foto: Mittermüller

Martina Schmidhuber, neue Professorin für "Health Care Ethics", setzt sich für kognitiv beeinträchtigte Menschen und deren Angehörige ein

Es würde der Gesellschaft als Ganzes guttun, wenn wir lernen, wie man mit Menschen mit Demenz umgeht“, ist Martina Schmidhuber überzeugt. Die promovierte Philosophin hat seit 1. Oktober die Stiftungsprofessur für „Health Care Ethics“ inne. Einer ihrer Forschungsschwerpunkte ist Altern und Demenz. „Diese Einschränkung lässt immer noch ein lebenswertes Leben zu. Wir müssen nur geduldig und nachsichtig mit den Betroffenen umgehen und ihnen ein adäquates Umfeld schaffen“, betont Schmidhuber. Dann würden sich alle wohler fühlen, die in der schnelllebigen, leistungsorientierten Gesellschaft überfordert sind.

Bevor Schmidhuber an die Universität Graz kam, forschte sie an mehreren deutschen Hochschulen und habilitierte sich an der Medizinischen Fakultät der Universität Erlangen-Nürnberg. Zuletzt war sie in Innsbruck tätig und veranstaltete dort neben ihrer wissenschaftlichen Arbeit auch Workshops für pflegende Angehörige sowie professionelle Pflegekräfte. „Ich möchte meine Erkenntnisse direkt den Betroffenen zugänglich machen – künftig auch in Graz“, betont Schmidhuber. Ein Herzensanliegen sind ihr pflegende Kinder. In Österreich kümmern sich 43.000 Kinder zwischen fünf und 18 Jahren um psychisch kranke Eltern. „Das ist viel zu wenig präsent. Die Folgen dieser Belastung bleiben das ganze Leben lang spürbar“, schildert die Forscherin. „Die Kleinen haben zu wenig Freiheiten und können sich nicht ausreichend verwirklichen. In dieser Hinsicht sind sie dann auch als Erwachsene beeinträchtigt“, weiß Schmidhuber.

Brennende Fragen
Die neue Professorin sieht sich als Schnittstelle zur klinischen Forschung und möchte auch ÄrztInnen in ethischen Belangen begleiten. Eine Frage, die sich dabei immer wieder auftut, ist folgende: Haben Menschen das Recht, am Lebensende auf Flüssigkeit und Nahrung zu verzichten? Die Antwort darauf ist schwieriger, als man denken möchte. „Bei Personen, die sich verbal nicht mehr mitteilen können, ist es besonders schwierig zu eruieren, warum sie Nahrung verweigern. Das kann ein Todeswunsch sein, aber auch ganz banale andere Gründe haben“, so Schmidhuber. Das wären etwa Schmerzen im Mund, ein Essen, das nicht schmeckt, oder eine Abneigung gegenüber der Pflegeperson.
In Kooperation mit der FH Joanneum will sich die Medizinethikerin dem Thema Mensch und Technik widmen. Roboter, Computer und andere Geräte können zunehmend therapeutische Übungen oder Handgriffe in der Pflege übernehmen – und damit Engpässe abfedern. Wie weit man Rehabilitation an Maschinen ausgliedern darf und wo es unbedingt Menschen braucht, untersucht Schmidhuber. „Oft geht es hauptsächlich um einen persönlichen Kontakt, um eine Ansprechperson, um Berührungen“, weiß die Expertin.
Die gute Vernetzung der Institutionen und Forschungsbereiche in Graz war für die gebürtige Salzburgerin ein wesentliches Argument, an die Universität Graz zu wechseln. Sie ist nun Teil der „Age and Care Research Group“, an der auch KollegInnen der Med Uni beteiligt sind. „Diese Synergien und die interdisziplinäre Herangehensweise sind einzigartig“, betont sie. Ihre Professur, die am Institut für Moraltheologie angesiedelt ist, wird vom Land Steiermark, der KAGES sowie privaten Krankenhäusern finanziert.

Erstellt von Dagmar Eklaude

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