Seit 50 Jahren arbeiten Forscher:innen am Institut für Ethik und Gesellschaftslehre in Graz gemeinsam an (sozial-)ethischen Fragestellungen und Beiträgen, die relevante Schnittstellen zwischen Universität, Öffentlichkeit und Politik bilden. Heute haben die Stimmen von Ethiker:innen in allen Teilbereichen unserer Gesellschaft ihren begründeten Platz. Sie durchdringen öffentliche Diskurse und sind in Institutionen verankert. Dabei bieten jene mehr als nur Orientierung in schwierigen Zeiten: Sie leisten einen wesentlichen Beitrag zur Schaffung und zum Erhalt solcher Gesellschaftsstrukturen, die in der Idee der Gerechtigkeit gründen und gutes Leben für alle fördern.
Die Christliche Sozialethik begegnet uns nicht nur in Gestalt universitärer Bereichsethiken, sondern in den Herausforderungen politischen und öffentlichen Handelns und in den Entscheidungen unseres Alltags. Sozialethik versteht sich in dieser Vielfalt als Leserin von Zeichen der Zeit, als Vermittlerin zwischen Einzelwesen und großem Ganzen, als zielgerichtete Auseinandersetzung mit den Fragen, die sich in der Interdependenz allen Lebens ergeben.
Anlässlich eines halben Jahrhunderts intensiven, konsequenten und konstruktiven Aufzeigens sozialethischer Perspektiven und das Ringen um die Schaffung gerechter Gesellschaftsstrukturen blicken wir zurück und laden herzlich zu unserem Jubiläumssymposion ein. Das ist Anlass, mit ehemaligen und aktuellen Forscher:innen, Kooperationspartner:innen und Unterstützer:innen zu feiern.
Im Rahmen des Symposiums „Gerechtigkeit und gutes Leben. Sozialethische Beiträge zu herausfordernden Zeichen der Zeit“ sowie 50 Jahre Ethik und Gesellschaftslehre in Graz dürfen wir folgende Gäste bei uns herzlich willkommen heißen:
Dienstag, 24. Oktober 2023:
Prof. Dr. Peter G. Kirchschläger ist Ordinarius für Theologische Ethik und Leiter des Instituts für Sozialethik ISE an der Theologischen Fakultät Luzern. Seit 2014 ist er Research Fellow an der University of the Free State, Bloemfontein in Südafrika und seit 2023 Gastprofessor an der Professur für Neuroinformatik und Neuronale Systeme der ETH Zürich sowie am ETH AI Center – einem der weltweit größten Zentren für die Forschung im Bereich der Künstlichen Intelligenz. 2008 promovierte Prof. Kirchschläger an der Universität Zürich im Rahmen eines eigenen Forschungsprojektes des Schweizerischen Nationalfonds (SNF). Nach einem Forschungsaufenthalt an der University of Chicago Divinity School habilitierte sich Prof. Kirchschläger 2012 im Fach der Theologischen Ethik mit Schwerpunkt Sozialethik an der Theologischen Fakultät der Universität Fribourg und wurde zum Privatdozenten ernannt. Neben seiner Forschung, die Schwerpunkte wie etwa Wissenschafts- und Technikethik, Ethik der Künstlichen Intelligenz oder auch Politische Ethik beinhaltet, ist Prof. Kirchschläger beratender Experte in ethischen Fragen für nationale und internationale Organisationen und Institutionen wie die UN, UNESCO, die OSZE und die Europäische Union.
Priv.-Doz. Dr. Andreas Trügler forscht am Institut für Interaktive Systeme und Data Science an der Technischen Universität Graz. Seit Oktober 2021 arbeitet Dozent Trügler auch mit dem Institut für Geographie und Regionalwissenschaften der Karl-Franzens-Universität Graz zusammen, wo er an der Kombination von KI-Lösungen mit Klimaforschung und Glaziologie arbeitet und forscht. Priv-Doz. Trügler promovierte 2011 an der Technischen Universität Graz und nach Forschungsaufenthalten in Italien, Spanien, Kanada und Frankreich habilitierte er sich in Theoretischer Physik und angewandter Mathematik an der TU Graz. Priv.-Doz. Trüglers besonderes Interesse gilt der sicheren Quantenberechnung, kryptografischen Technologien zur Verbesserung der Privatsphäre und KI- Anwendungen in der Physik und Klimaforschung. Er war auch Mitbegründer eines schwedischen Data-Science-Unternehmens, wo an Algorithmen für maschinelles Lernen, neuronalen Netzen und KI-Lösungen für die Erdbeobachtung auf der Grundlage von Satelliten und Fernerkundungsdaten gearbeitet wurde. Priv.-Doz. Trügler ist Mitglied des Know-Centers in Graz, an dem er stellvertretender Leiter des Forschungsbereichs Datensicherheit ist. Im Moment leitet Priv.-Doz. Trügler Forschungsprojekte zu privatsphärenbewahrender und erklärbarer KI und fokussiert seine Forschung speziell auf sichere Quantenberechnungen.
Prof.in Dr.in Margit Linder ist Assoz. Prof. am Institut für Antike der Universität Graz. Sie wurde an der Universität Graz mit einer Dissertation über „Philantropia Rhomaion – Das Römerbild im Geschichtswerk des Flavius Josephus“ zur Doktorin der Philosophie promoviert. Nach Projekten am Landesmuseum Joanneum und der Organisation einer Ausstellung für das Bundesdenkmalamt Graz habilitierte sich Frau Prof. Linder zum Thema „Der Staat und die Künstler – Zum Kunstschaffen in archaischer und klassischer Zeit vor dem Hintergrund der griechischen Staatenpolitik“ zur Assoz. Prof. am Institut für Antike an der Karl-Franzens-Universität Graz. Frau Prof. Linders Forschungsschwerpunkte sind unter anderem Gewalt in antiken Gesellschaften, die Arbeitsweise antiker Historiographen, Künstlermobilität, antike „Propagandakunst“ sowie die griechische Tragödie im Spiegel der Politik.
Prof. Dr. Johannes J. Frühbauer ist Professor für Theologie in der Sozialen Arbeit an der Katholischen Stiftungshochschule München. Von 1996 bis 2001 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Stiftung Weltethos und ab 2002 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur für Christliche Sozialethik an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Augsburg. In Augsburg promovierte Prof. Frühbauer 2007 mit einer Dissertation über John Rawls‘ Theorie der Gerechtigkeit. Seine Schwerpunkthemen in Forschung und Lehre sind unter anderem Politische Ethik, Friedensethik, Gerechtigkeitstheorien, Religion und Politik, Umweltethik und viele mehr.
Dr. Maximilian Lakitsch ist Wissenschaftler am Institut für Rechtswissenschaftliche Grundlagen der Universität Graz. Nach Studien der Katholischen Fachtheologie, der Philosophie und der Internationalen Beziehungen promovierte Herr Dr. Lakitsch an der Universität Graz und der American University of Beirut zum Doktor der Philosophie mit einer Dissertation zum Thema „Unbehagen im modernen Staat – Über die Grundlagen staatlicher Gewalt“, die mit dem Christiane Rajewsky-Preis (Nachwuchspreis der deutschsprachigen Friedens- und Konfliktforscher) ausgezeichnet wurde. Herr Dr. Lakitsch arbeitete bereits als Team Assistant am NGO Unite Lebanon Youth Project in Beirut und beim Civil Society Team des United Nations Office on Drugs and Crime in Wien mit. Außerdem wirkte Dr. Lakitsch als Projektkoordinator und Forscher bei der Gesellschaft für Österreichisch-Arabische Beziehungen mit. Von 2012 bis 2016 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Österreichischen Studienzentrum für Frieden und Konfliktlösung an der Burg Schlaining. Die Arbeitsgebiete von Dr. Lakitsch sind die Friedensforschung, Internationale Beziehungen und die Politische Philosophie.
Frau Prof. Dr. Katharina Scherke ist außerordentliche Professorin am und Leiterin des Instituts für Soziologie an der Universität Graz. Sie promovierte an der Universität Graz zum Thema „Möglichkeiten und Grenzen eines ikonologischen Ansatzes in der Soziologie und habilitierte sich zum Thema „Emotionen als Forschungsgegenstand in der deutschsprachigen Soziologie“. Prof. Scherke beschäftigt sich mit der Genese sozio-kultureller Erwartungshaltungen hinsichtlich Alter und Geschlecht und ihrer Reaktivierung im Handeln von AkteurInnen. Sie war Mitherausgeberin eines kulturwissenschaftlichen Jahrbuchs mit Themenschwerpunkt Alter und hat ihre Expertise zum Themen des Gendermainstreamings und der Antidiskriminierung u.a. als Vorsitzende des Arbeitskreises für Gleichbehandlungsfragen an der Universität Graz auch in die akademische Selbstverwaltung eingebracht. Seit 2009 ist Prof. Scherke Sprecherin des interdisziplinären Forschungsschwerpunktes bzw. Forschungsnetzwerkes „Heterogenität und Kohäsion“ der Universität Graz. Neben den bisher genannten Forschungsschwerpunkten beschäftigt sich Frau Prof. Scherke auch mit der Emotionssoziologie und mit der Kultursoziologie. Neben der Mitgliedschaft in diversen wissenschaftlichen Vereinigungen war sie von 2015 bis 2017 auch Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Soziologie. Sie verfügt über reichhaltige Erfahrungen als Gutachterin für unterschiedliche Institutionen und Zeitschriften. Prof. Scherke wurde für ihre Leistungen mit dem Ehrenzeichen des Europäischen Forums Alpbach und dem Josef Krainer-Würdigungspreis ausgezeichnet.
Mittwoch: 25. Oktober 2023:
Prof. Dr. Wilhelm Guggenberger ist außerordentlicher Professor für Christliche Gesellschaftslehre an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Innsbruck, welcher er auch als Dekan vorsteht. Prof. Guggenberger promovierte 1996 mit einer Dissertation über Niklas Luhmann im Rahmen der christlichen Gesellschaftslehre zum Doktor der Theologie. 2006 habilitierte er sich mit einer Habilitationsschrift zum Thema „Die List der Dinge. Sackgassen der Wirtschaftsethik in einer funktional differenzierten Gesellschaft“ für das Fach Christliche Gesellschaftslehre. Neben der allgemeinen Methodik und Arbeitsweise einer biblisch fundierten Gesellschaftslehre und Sozialethik stehen vor allem Fragen des Zusammenhangs zwischen technisch-ökonomischen Strukturen und lebensprägender Weltanschauungen hinsichtlich Welt-, Menschen-, und Gottesbild im Zentrum seiner Forschung. Neben der Arbeit an der Universität Innsbruck ist Prof. Guggenberger Mitglied des unabhängigen Ethik-Komitees von ARETE Ethik Invest in Zürich, des wissenschaftlichen Beirats des Instituts „De Pace Fidei“ der Philosophisch-Theologischen Hochschule Brixen, des Colloquium on Violence and Religion und des Pastoralrats der Diözese Innsbruck.
Prof.in Dr.in Julia Enxing ist Professorin für Systematische Theologie am Institut für Katholische Theologie der Technischen Universität Dresden. Frau Prof. Enxing promovierte an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Wilhelms-Universität Münster zum Thema „Gott im Werden. Die Prozesstheologie Charles Hartsthornes“, wofür sie 2013 den Dissertationspreis der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster erhielt. Im Jahr 2017 folgte die Habilitation an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen im Fach Fundamentaltheologie mit einer Arbeit zum Thema „Schuld und Sünde (in) der Kirche“. Bevor Frau Prof. Enxing die Professur für Systematische Theologie an der TU Dresden übernommen hat, durchlief sie einige Stationen an den Universitäten Münster, Osnabrück, Bamberg, Oldenburg und Goslar. Zu Prof. Enxings Forschungsschwerpunkten zählen Schuld und Sünde, Prozesstheologie, Gender Studies und Human-Animal Studies. Seit 2016 ist sie Redaktionsmitglied des theologischen Online-Feuilletons feinschwarz.net. Enxing und feinschwarz.net wurde der Herbert-Haag-Preis 2023 zugesprochen. Seit 2022 gehört Frau Prof. Enxing zum Pool der Sprecherinnen und Sprecher der ARD-Sendung „Das Wort zum Sonntag“.