„Buona sera“ – so waren seine ersten Worte auf der Loggia in Rom, als er sich dort nach seiner Wahl zum Papst vor 12 Jahren zeigte. Er weigerte sich die bereitgelegte Mozetta mit Hermelinbesatz anzuziehen mit dem Verweis, dass der Karneval vorbei sei. Er wollte ein Papst auf Augenhöhe sein – einer, der sich in den Dienst der Menschen stellt. Diese Haltung brachte er ebenfalls bei seinem ersten Auftritt mit der Geste einer tiefen Verneigung vor den versammelten Leuten zum Ausdruck, mit der er sie um das Gebet für ihn bat. Und dann noch der Name Franziskus, den bis dahin noch keiner genommen hatte. Konsequent zog er nicht in den Apostolischen Palast ein, sondern in das Gästehaus Santa Marta. Nun ist Papst Franziskus mit 88 Jahren gestorben.
Geprägt von Begegnungen mit Menschen aus den südamerikanischen Favelas, geprägt von Befreiungstheologen, wie Gustavo Gutierrez, Leonardo Boff oder Ernesto Cardenal und geprägt von seiner eigenen Migrationsgeschichte forderte er eine arme Kirche für die Armen. Metapher von den „offenen Türen“ und von der „Kirche als Feldlazarett“ unterstreichen diese klare Option. Eine „verbeulte“ Kirche, die verletzt und beschmutzt ist, weil sie auf die Straßen geht, sei ihm lieber, als eine Kirche, die aufgrund ihrer Verschlossenheit und ihrer Bequemlichkeit, sich an die eigenen Sicherheiten zu klammern, krank ist. (EG 49) Papst Franziskus war nämlich der Überzeugung, dass sich die Kirche von ihren Rändern her verändern müsse. Deshalb führte ihn auch seine erste Reise programmatisch nach Lampedusa.
Eine so verstandene Kirche hört den „Schrei der Armen“ und auch die „Klage der Erde“. In seiner Enzyklika Fratelli tutti prangert er wirtschaftliche Missstände an und in seiner Umweltenzyklika Laudato si fordert er die Sorge für das gemeinsame Haus ein. Hinter diesen Forderungen steckt das Verständnis einer am Menschen orientierten Kirche, die einen Auftrag in und an der Welt hat.
Synodalität und Barmherzigkeit waren am Ende die Schlagwörter, mit denen und durch die er sich eine menschliche Kirche und eine menschliche Welt erhoffte. Er forderte eine Pastoral, die von menschlicher Barmherzigkeit geprägt sein soll und er führte Synodalität als Methode gegen Klerikalismus ein. Dennoch blieben beide Begriffe pastorale Ziele, die dogmatisch nicht eingeholt wurden. Der Stil wurde pastoraler und menschenzugewandter, die Lehre hingegen blieb unangetastet. Die pastorale Seite des Dogmas wurde zwar eingeholt, aber nicht die dogmatische Seite für eine synodale Pastoral. Franziskus setzte darauf, dass durch einen neuen pastoralen Stil, sich irgendwann auch das Dogma verändern könnte.
Papst Franziskus brachte einen neuen pastoralen und synodalen Stil in die Katholische Kirche, die ihren Auftrag in der Welt hat. Dabei hat er viel gesät, was lehramtlich (noch) nicht eingeholt wurde. Gerade deshalb bleibt nun die Hoffnung auf eine gute Nachfolge und die Dankbarkeit für einen mutigen Papst, der auf einzigartige Weise Menschlichkeit für Kirche und Welt lebte und sie uns als Auftrag weiter aufgibt.
Bernd Hillebrand
Professor für Pastoraltheologie und Pastoralpsychologie
Weitere Stimmen zum Tod von Papst Franziskus:
Beitrag von Pablo Argárate über die lateinamerikanischen Jahre